9. Karlsruher Gespräche: Kultur und GeRECHTigkeit
Das gesamte vergangene Wintersemester 2004/05 stand im Zeichen der Menschenrechte und des Bewerbungsmottos Karlsruhes zur europäischen Kulturhauptstadt 2010 „Mit Recht. Karlsruhe“. Neben dem Colloquium Fundamentale „Menschenrecht – (k)ein Recht für alle?“ sollten vor allem die 9. Karlsruher Gespräche vom 11. – 13. Februar 2005 unter dem Motto „Kultur und GeRECHTigkeit“ ein deutliches Zeichen setzen.
Sehen Sie sich den Flyer und das Plakat der Veranstaltung an.
Die Entwicklung des Rechts zeigt, dass das Ideal einer „Gerechtigkeit für alle“ in unterschiedlichen Zeiten sehr unterschiedlich verstanden wurde und bis heute nicht erreicht ist. Im Zeitalter allgemeiner Vernetzung und Globalisierung ist es notwendig, das Verhältnis von gültigem Recht und Kultur, d.h. zum Beispiel unsere eingeprägten Wertvorstellungen prüfend zu betrachten. Die 9. Karlsruher Gespräche wurden erstmals von der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG zusammen mit der Stadt Karlsruhe finanziell unterstützt.
Der Traum von Gerechtigkeit ist so alt wie die Menschheit. Spätestens seit die Aufklärung das Individuum in den Vordergrund rückte, sind Philosophen wie Voltaire, Rousseau und Kant dafür eingetreten, Ungerechtigkeit und Unterdrückung abzuschaffen. Die Geschichte des Rechts offenbart aber nicht nur dessen Wandelbarkeit. Sie zeigt auch, dass das Ideal einer „Gerechtigkeit für alle“ in unterschiedlichen Zeiten sehr unterschiedlich verstanden wurde und bis heute nicht erreicht worden ist.
Gerade weil dieses Ideal nur schwer erreichbar scheint, ist es heute – im Zeitalter allgemeiner Vernetzung und der Globalisierung – notwendiger denn je, das Verhältnis von gültigem Recht und Kultur und dem, was wir als bleibende, ideale Werte betrachten immer wieder von neuem zu überprüfen.
Im 21. Jahrhundert stellt sich angesichts der zu erwartenden Verteilungskämpfe um Wasser, Grundnahrungsmittel und medizinische Grundversorgung verstärkt die Frage nach einer globalen Gerechtigkeit. Spätestens seit dem 11. September 2001 wurde offensichtlich, was eine gespürte Ungerechtigkeit und der Hass auf das westliche Wertesystem anrichten können, wie verletzlich Industriestaaten gerade im Zeitalter der Globalisierung sind. Für ein friedliches Zusammenleben, das auf Respekt und Toleranz basiert und in dem Gerechtigkeit nicht nur ein Traum ist, treten insbesondere NGO-Organisationen ein, aber auch die christlichen Kirchen.
Auch vor dem Hintergrund der abnehmenden Geburtenrate gerade in den Industrienationen stellt sich das Thema der Gerechtigkeit. Wie gerecht ist beispielsweise ein Steuersystem, das überproportional Familien belastet, die gleichzeitig die jetzige Rentnergeneration mit ihren Abgaben finanzieren und zusätzlich in die nächste Generation der Steuerzahler investieren? Wie können nachhaltige Konzepte dazu anregen, Kinder nicht primär als Freiheitsverlust, sondern als persönlichen Gewinn anzusehen? Zur Sprache kommen soll auch die im Januar 2005 beginnende, von der UNESCO ausgerufene „Weltdekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Sie zielt darauf ab, dass eine Grundbildung für alle Menschen ein wichtiger Baustein für weltweite Gerechtigkeit ist. Andererseits werden sich im Rahmen des Symposiums ausgewählte Fachleute kontrovers darüber unterhalten, welche Werte sich die so genannte „Spaßgeneration“ zu Eigen gemacht hat und wie sich diese gravierenden Veränderungen langfristig bemerkbar machen werden.
Neben dem Symposium ist die künstlerische Interpretation des Themas fester Bestandteil der Veranstaltung. Als Mitveranstalter konnten das Badische Staatstheater, das Badische Landesmuseum, der Mittelmeerkreis und die Hochschule für Musik gewonnen werden.
Die Veranstaltung unter der Leitung von PD Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha findet mit Unterstützung der Stadt Karlsruhe an verschiedenen Orten statt.
Programm 9. Karlsruher Gespräche 11. – 13. Februar 2005
Freitag / Samstag / Sonntag
Fr., 11. Februar 2005, 20h00
Eröffnung der 9. Karlsruher Gespräche
EventCenter der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG,
Baumeisterstraße 21
Begrüßung
Thomas Renner
Stellv. Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG
Grußworte
Heribert Rech
Innenminister des Landes Baden-Württemberg
Heinz Fenrich
Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe
Prof. Dr. Horst Hippler
Rektor der Universität Karlsruhe (TH)
Einführung
PD Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha
Direktorin des ZAK
Festreden
„Gibt es eine europäische Leitkultur?“
Prof. Alfred Grosser
Institut d’études politiques, Universität Paris
Musikalisches Programm:
- Schulhoff-Trio
Victor Ullmann
Sonate op. 9: in sieben Teilen - Izumi Kawakatsu (Klavier) / JaeEun Lee (Sopran)
Victor Ullmann
Abendphantasie (F. Hölderlin) Theresienstadt 1943
Sturmlied (R. Huch) op 26.3 Prag
Im Anschluss findet ein Empfang in den Räumen der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG statt.
Sa., 12. Februar 2005
Symposium Kultur & GeRECHTigkeit
Gartensaal des Badischen Landesmuseums
9h30
Begrüßung
Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha
Direktorin des ZAK
Grußwort
Ullrich Eidenmüller
9h45
Gespräch „Bildung als globale Herausforderung“
Prof. Dr. Rita Süßmuth
Präsidentin des Deutschen Bundestages a.D.
Prof. Dr. Hermann Glaser
Publizist und ehem. Kulturreferent der Stadt Nürnberg
Menschenrechte zwischen Universalität und Kulturdifferenz
Prof. Dr. Dieter Sturma
FB Philosophie, Universität Duisburg / Direktor des Instituts für Wissenschaft und Ethik Bonn
Prof. Dr. Nathan Sznaider
Academic College Tel Aviv, Israel
Kaffeepause (11h15 – 11h30)
11h30
Gespräch „Zeitzeugen des Unrechts“
Wolfgang Templin
ehem. DDR-Dissident
Dr. Halima Alaiyan
Palästinenserin
Wolde Yohanes Hundee Huriso
Mittagspause (12h30 – 14h00)
14h00
Kultur und Gerechtigkeit aus Sicht der Institutionen
Jean-Baptiste Joly
Direktor der Akademie Schloss Solitude, Stuttgart
Prof. Dr. Olaf Schwencke
Präsident der Deutschen Vereinigung der Europäischen Kulturstiftung für kulturelle Zusammenarbeit in Europa
„Globale Gerechtigkeit und die Reform des Systems der Vereinten Nationen“
PD Dr. Lukas H. Meyer
Institut für Interkulturelle und Internationale Studien,
Universität Bremen
15h45
„In welcher Gesellschaft wollen wir eigentlich leben?“
Armin Pongs
Gründer des Dilemma-Verlags München
Kaffeepause (16h15 – 16h30)
16h30
Gespräch „Projekte für Gerechtigkeit“
Dr. Halima Alaiyan
Talat-Alaiyan-Stiftung Saarbrücken
PD Dr. Jürgen Wacker
Chefarzt Frauenklinik Bruchsal, F.I.D.E. (Frauenarbeit in der Entwicklungszusammenarbeit)
Katrin Wolf
Dare Network (Democracy and Human Rights Education in Europe), Berlin
Ende gegen 17h30
19h00
Stephanssaal, Ständehausstraße 4
„Zukunftsperspektiven für Gerechtigkeit”
Prof. Avi Primor
Botschafter a.D., Vizerektor der Universität Tel Aviv, Israel
Konzert: Shalom Salam – Duo Rubin (Cello/Klavier) und Prosatexte von Anis Hamadeh
Eintritt: 12€ / 8€
So., 13. Februar 2005
ab 11h00
Podiumsdiskussion Europäische Kulturen der Gerechtigkeit
EventCenter der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG,
Baumeisterstraße 21
Moderation: Manfred Naegele, SWR
Dr. Klaus Kinkel
ehem. Außenminister Deutschlands
Dr. Volker Hassemer
ehem. Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz Berlin
Dr. Verena Metze-Mangold
Vizepräsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission
Dr. Corinna Werwigk-Hertneck
ehem. Justizministerin Baden-Württemberg
Ende gegen 13:00
Theateraufführung
20h00
Die Gerechten (Albert Camus)
Theater Die Insel, Karlstrasse 49b
in Kooperation mit dem Badischen Staatstheater Karlsruhe
Eintritt: 5€