Erleuchtung oder Blackout? Energieversorgung der Zukunft

Colloquium Fundamentale Somersemester 2008

Weltweit steigt der Bedarf an Energie in rasantem Tempo. Umstritten ist, welche Energie genutzt und wie sie gewonnen werden soll. Wissenschaftler suchen nach neuen Lösungen, die in dieser Vortragsreihe erläutert, traditionellen Energiequellen gegenübergestellt und in einen gesellschaftlichen wie politischen Kontext eingebettet werden sollen.

cLänder wie Großbritannien, Frankreich und Finnland planen neue Atomkraftwerke, andere Staaten wie Belgien, die Niederlande oder Schweden befürworten zumindest den Ausstieg aus dem Ausstieg. Allerdings reichen die heute bekannten, förderbaren Uranvorräte renommierten Forschern zufolge nur noch ca. 60 bis 160 Jahre aus und sind somit endlicher als vielerorts die Kohlevorräte. Ist Kernenergie also nur noch eine Übergangslösung? Gemäß der Internationalen Energieagentur decken heute Öl und Gas gut die Hälfte des Energiebedarfs. Diesen Energiequellen wird jedoch nur noch eine begrenzte Reichweite eingeräumt. In China und Indien wird fast die Hälfte der geförderten Kohle verbrannt, und auch bei uns wird die Frage nach Kohlekraftwerken erneut aufgeworfen. Diese Fakten lassen angesichts der Endlichkeit fossiler Energieträger und des Klimawandels die Frage nach erneuerbaren Energien obsolet erscheinen. Wie kann allerdings der optimale Energiemix der Zukunft aussehen und welchen Forschungsstand und Effizienzgrad weisen die Energiequellen auf? Welche politischen Entscheidungen werden getroffen und wie kann der Übergang sinnvoll gestaltet werden?

Die Windenergie soll in Deutschland bis 2030 etwa ein Viertel des Stromverbrauchs decken und unter unseren Füßen befindet sich ein enormer Energieschatz: die Erdwärme. Mit dem warmen Wasser aus der Tiefe könnte ein großer Anteil des Strombedarfs gedeckt werden. Die Wasserkraft in Form von Stauseen, Staumauer und Generatoren ist eine sehr etablierte Form erneuerbarer Energie und schießt den Stromerzeugern weltweit mehr zu als die Kernkraft. Auch die Gezeitenkraft erscheint als ausbaufähige Option. Im Falle der Biokraftstoffe der ersten Generation zeigt sich, dass erneuerbare Energien aber nicht automatisch ökologisch positiv bewertet werden können. Bei der Biomassenutzung müssen ethische und ökologische Aspekte beachten werden, um eine Konkurrenz mit der Nahrungs- und Futtermittelerzeugung zu vermeiden. Auch wenn in Deutschland eine positive Entwicklung der regenerativen Energiequellen zu verzeichnen ist und das Ziel von einem 18%-igen Anteil bis 2020 gesteckt ist, müssen diese einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

Es fragt sich außerdem, wie sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft positionieren. Wie wirken sich die Kosten der Energieversorgung auf den Wirtschaftsstandort Deutschland aus? Zeigt sich teilweise eine inkonsequente Haltung in der energiepolitischen Diskussion, wenn man beispielsweise an die Parallelität des deutschen Atomausstiegs und den Import französischen Atomstroms denkt? Ist Unehrlichkeit beim Blick auf die Energie- und CO2-Bilanz der Unternehmen und jedes einzelnen im Spiel, wenn man an den hohen Energieverbrauch in Rechenzentren oder den normalen Alltag mit all seinen Notwendigkeiten und Bequemlichkeiten denkt? Und wie kann effektiv Energie eingespart werden? Die EU strebt eine Reduzierung des Energieverbrauchs von 20% bis 2020 an. Sollten wir damit nicht bei uns selbst beginnen?

Angesichts einer globalisierten Welt muss die Energiefrage aber auch als wichtiger Faktor der Außenpolitik verstanden werden. Der Energiehunger in Ländern wie Indien oder China sowie die große Abhängigkeit der EU-Staaten von Energieimporten, die Instrumentalisierung der Energie als Machtquotienten und die Instabilität rohstoffreicher Staaten verdeutlichen den Einfluss der Energiefrage auf die internationalen Beziehungen.

So soll in diesem Colloquium Fundamentale verschiedenen Energiegewinnungsverfahren, aber auch den Anforderungen an zukünftige Energiestrukturen, den Rahmenbedingungen und sozioökonomischen Aspekten sowie den Handlungsoptionen für Politik und Wirtschaft nachgegangen werden.

Konzept und wissenschaftliche Leitung:

Prof. Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Gründungsdirektorin des ZAK

Organisation: Ina Scholl M.A.

Pressearbeit: Sigrid M. Peters M.A.

Kooperation: KIT-Zentrum Energie (Prof. Dr.-Ing. Hans-Jörg Bauer, Dr.-Ing. Peter Fritz, Dr.-Ing. Joachim U. Knebel)

Ort: Engesser-Hörsaal, Geb. 10.81, Otto-Ammann-Platz 1, 1. OG                

Termine: Donnerstags (s.u.), 18h00 – 19h30

Rückblick zum Colloquium Fundamentale des Sommersemester 2008

Veranstaltungsübersicht

08.05.2008

Energieversorgung in einer globalisierten Welt. 

Beitrag der Forschung am KIT

Dr.-Ing. Peter Fritz
Wissenschaftliches Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Karlsruhe GmbH, Sprecher des KIT-Zentrums Energie
hFossile Energiequellen waren lange Zeit die Garanten für unsere moderne Kultur und Wohlstand in den entwickelten Regionen. Allmählich zur Neige gehende Reserven zwingen nun zu einem globalen Umdenken in der Bereitstellung und Nutzung von Energie um der nachhaltigen Entwicklung unserer Zivilisation gerecht zu werden.
Zuverlässige Abschätzungen sind notwendig, wo, in welchem Umfang und wie lange uns Quellen traditioneller Energierohstoffe weiterhin zur Verfügung stehen. Für eine Übergangsphase wird die nukleare Energiegewinnung noch eine bedeutende Rolle spielen, bevor regenerative Energieformen in ausreichender Menge bereitgestellt werden können. Das Karlsruhe Institute of Technology (KIT) hat sich zum Ziel gesetzt, in den zentralen Aspekten der Energieforschung eine Vorreiterstelle einzunehmen.
Im Vortrag werden grundlegende Aspekte der „Energieproblematik“ vorgestellt und mögliche Lösungsansätze an ausgewählten Beispielen aus der Forschung im KIT diskutiert.

Die Folien zu dieser Veranstaltung können Sie als PDF-Datei herunterladen:

Folien von Herrn Fritz

Fotogalerie der Veranstaltung.

Videoaufzeichnung der Veranstaltung.

 

29.05.2008

Energie: Ressourcen, Bedarf und Innovationen 

Prof. Dr. Martin Faulstich
Lehrstuhlinhaber für Rohstoff- und Energietechnologie, Technische Universität München, Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen

dDer nicht mehr zu bestreitende Klimawandel, eine wachsende Weltbevölkerung sowie die zunehmende Industrialisierung bei gleichzeitiger Endlichkeit der traditionellen Energieressourcen bilden zentrale Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Welche Strategien und Innovationen sind erforderlich, um den Energiebedarf von morgen zu decken? In seinem Vortrag erörtert Professor Faulstich die Möglichkeiten und Grenzen erneuerbarer Energien, insbesondere der Biomasse, ebenso wie neue Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz oder der Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid. Neben ökonomischen Instrumenten wie dem Emissionshandel steht letztlich auch der Lebensstil jedes Einzelnen zur Diskussion.

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Die Folien zu dieser Veranstaltung können Sie als PDF-Datei herunterladen:

Folien von Herrn Faulstich.
Fotogalerie der Veranstaltung.

Videoaufzeichnung der Veranstaltung.

 

12.06.2008

Streitgespräch: Kernkraft versus regenerative Energien 

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Dr.-Ing. Joachim U. Knebel

Programmleiter Nukleare Sicherheitsforschung, Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, KIT-Zentrum Energie

 

 

 

 

 

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Prof. Dr. Dr.-Ing. habil. Hans Müller-Steinhagen
Direktor des Instituts für Technische Thermodynamik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt und des Instituts für Thermodynamik und Wärmetechnik, Universität Stuttgart

 
 

Die Rolle von Kernenergie und erneuerbaren Energien in der künftigen Energieversorgung wird in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft kontrovers diskutiert. Die technologische und energiewirtschaftliche Entwicklung der verschiedenen Technologien für die Bereitstellung von Strom, Mobilität und Wärme, ihre soziale Verträglichkeit und politischen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen werden beleuchtet. Müller-Steinhagen hält bis 2050 den Anteil der erneuerbaren Energien von 50% und die Reduzierung der CO2 Emissionen um 80% für möglich. Knebel gibt zu bedenken, dass diese Ziele bei Vermeidung von Abhängigkeiten und Versorgungslücken nur unter Nutzung der Kernenergie in einem ausgewogenen Mix aller Energieerzeugungsformen erreicht werden.

Die Folien zum Streitgespräch können Sie als PDF-Datei herunterladen:

Thesen von Herrn Knebel.
(Nachdruck und Verbreitung mit Genehmigung des Forschungszentrums Karlsruhe GmbH unter Nennung der Gesellschaft und des Autors gestattet. Beleg erbeten. Es gilt das gesprochene Wort.)
Thesen von Herrn Müller-Steinhagen.

 Fotogalerie der Veranstaltung.


26.06.2008

Alternative Energienutzung am Beispiel von Biomasse und Geothermie

dDr.-Ing. Karl Friedrich Ziegahn

Programmleiter Rationelle Energieumwandlung, Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, KIT-Sprecher Erneuerbare Energien, Präsident der deutschen Gesellschaft für Umweltsimulation e.V.

 

 

 

 

fDr. Ernst Huenges
Leiter der Sektion Geothermie, GeoForschungsZentrum Potsdam

 

 

Unter unseren Füßen liegt ein enormer Energieschatz verborgen: die Erdwärme. Sie gilt heute als Option für eine nachhaltige Energieversorgung, die Grundlaststrom und Nutzwärme bereitstellen kann. Der Betrieb erster geothermischer Kraftwerke in Deutschland zeigt, dass Stromerzeugung dieser Art auch unter hiesigen geologischen Bedingungen realisierbar ist. Neben der Erdwärme steht die Biomasse für eine gleichmäßige Energieerzeugung zur Verfügung. Im Gegensatz zu fossilen Energieträgern weist sie eine günstigere CO2-Bilanz auf. Ohne dabei in Konkurrenz zu Lebensmitteln zu treten, lassen sich aus biologischen Reststoffen ebenso synthetische Kraftstoffe gewinnen. Ziegahn und Huenges diskutieren das Potential der alternativen Technologien für die Energieversorgung der Zukunft.

Fotogalerie der Veranstaltung.

Videoaufzeichnung der Veranstaltung.
03.07.2008

Erpressung und Abhängigkeit? Die Energiefrage als außenpolitischer Faktor

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Kurt-Dieter Grill
Ehrenmitglied der Kerntechnischen Gesellschaft, Vorsitzender der Enquete-Kommission „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“ 2000-2002

In der globalisierten Welt rückt die Energiefrage in den Blick der Außen- und Sicherheitspolitik. Die Abhängigkeit der EU-Staaten von Energieimporten und die Instabilität rohstoffreicher Länder verdeutlichen den Einfluss des Faktors Energie auf die internationalen Beziehungen. Angesichts des weltweit steigenden Energiebedarfs stellt sich ebenso die Frage nach der globalen Tragfähigkeit: Wie viel Bevölkerungszuwachs kann die Welt vertragen, und wie können die vielen Menschen mit Energie versorgt werden? Wie steht es um die Verfügbarkeit von Ressourcen und deren Zugang? In seinem Vortrag thematisiert Grill die Herausforderungen der Klimapolitik sowie die Problematik globaler Abhängigkeiten und die Sicherheit der Energieinfrastruktur.

Fotogalerie der Veranstaltung

Videoaufzeichnung der Veranstaltung
10.07.2008

Podiumsdiskussion: Energiepolitik der Zukunft

Die nachhaltige Energieversorgung ist eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen für eine sowohl umweltverträgliche als auch wirtschaftliche Lösung auf nationaler wie europäischer Ebene zu schaffen. Einig ist man sich bereits über die Notwendigkeit eines Energiemixes, um mögliche Versorgungsengpässe zu verhindern. Strittig ist jedoch, aus welchen Energieträgern er sich zu welchen Anteilen zusammensetzt. Die steigende Nachfrage rückt die Verantwortung der Energieversorger, deren Preisfindung und Akzeptanzprobleme in den Blick. Zum Abschluss der Vortragsreihe diskutieren Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik die Anforderungen an die Energiepolitik der Zukunft und erörtern Möglichkeiten ihrer Gestaltung.

 

 

                     
Dr.-Ing. Manfred Fischedick

Kommissarischer Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Leiter der Forschungsgruppe Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukturen

 Reiner Baake

 

                     
Rainer Baake

Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. und Geschäftsführer DUH Umweltschutz-Service GmbH, ehemaliger Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

 Dr.-Ing. Peter Fritz

 

                     
Dr.-Ing. Peter Fritz

Wissenschaftliches Vorstandsmitglied des Forschungszentrums Karlsruhe GmbH, Sprecher des
KIT-Zentrums Energie

 Bärbel Höhn MdB

 

                     
Bärbel Höhn MdB

Bundestagsabgeordnete, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Umweltministerin a.D. in NRW

 Hans-Peter Villis

Hans-Peter Villis

Vorstandsvorsitzender der EnBW AG 

In Vertretung:

Jürgen Hogrefe
Generalbevollmächtigter der EnBW AG

  Moderation:

Michael Donnermeyer  

Michael Donnermeyer
Geschäftsführer des Informationszentrums Klimafreundliches Kohlekraftwerk e.V.

Fotogalerie der Veranstaltung
Videoaufzeichnung der Veranstaltung - Teil I
Videoaufzeichnung der Veranstaltung - Teil II

 

Illustration: Cécile Noël / www.framboise-noel.eu