Herausforderung demografischer Wandel: Globale Entwicklungen – lokale Auswirkungen
Colloquium Fundamentale im Wintersemester 2013/14
Nicht ohne Grund ist seit den 1990er-Jahren die klassische Alterspyramide aus den deutschen Schulbüchern verschwunden: mit einer nahezu gleichmäßigen Abnahme der Bevölkerung mit steigendem Alter, ist sie längst überholt. Durch Faktoren wie die stark verbesserte Ernährung, Hygiene und Medizin sowie durch eine niedrigere Geburtenrate wird die deutsche Bevölkerung älter und schrumpft in ihrer Gesamtheit. Gleichzeitig trägt die deutlich erhöhte Zuwanderung ihren Teil zur demografischen Veränderung bei, indem sie die kulturelle Vielfältigkeit der Gesellschaft steigert. Einerseits beeinflusst der demografische Wandel die Lebens- und Arbeitswelt eines jeden Einzelnen auf mannigfache Weise. Andererseits stellt er Gesetzgeber, Kommunen und Wirtschaft vor neue Aufgaben. Obwohl Prognosen zu Ausmaß und Folgen des Wandels schon lange vorliegen, wird das Thema bisher nicht hinreichend in Politik und Gesellschaft wahrgenommen. Um Gestaltungspotenziale für unsere Zukunft jedoch bestmöglich nutzen zu können, ist es wichtig Entwicklungen zu verstehen und diese möglichst exakt vorhersagen zu können.
Anlässlich des aktuellen Wissenschaftsjahres, das unter dem Titel „Die demografische Chance“ die Auswirkungen und Herausforderungen des komplexen demografischen Wandels behandelt, greift das Colloquium Fundamentale im kommenden Wintersemester diese Diskussion auf. Drei große Handlungsfelder stehen im Mittelpunkt des Wissenschaftsjahres, an welche auch das Colloquium anknüpfen möchte: Wir leben länger. Was machen wir aus den gewonnenen Jahren? Wir werden weniger. Wie bleiben wir innovativ und wettbewerbsfähig? Wir werden vielfältiger. Wie können wir dieses Potenzial nutzen? Die Vortragsreihe stellt diese Fragen im Kontext der sich weiterhin zunehmenden globalen Asymmetrien, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der demografische Wandel in anderen Regionen der Welt sehr unterschiedlich vollzieht. Das Colloquium verdeutlicht, dass die veränderte Altersstruktur nur einen der vielfältigen Aspekte des demografischen Wandels darstellt. Das Verhältnis zwischen den Generationen, den Geschlechtern, Inländern, Ausländern und Eingebürgerten, die Pluralisierung von Kulturen, Konventionen und Lebensentwürfen sowie eine veränderte räumliche und soziale Mobilität prägen das Bild des Wandels, den es zu erforschen, zu verstehen und zu erklären gilt. Die Vortragsreihe gibt einen aktuellen Einblick in die Entwicklungen und Chancen des demografischen Wandels, um damit die Basis einer facettenreichen Diskussion zu schaffen.
Konzept und wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Gründungsdirektorin des ZAK
Organisation: Dipl.-Angl. Christine Melcher
Eröffnungsvortrag: Die demografische Entwicklung in Deutschland und Europa. Ursachen, Trends und gesellschaftliche Herausforderungen
14.11.2013 – 18.00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Norbert F. Schneider
Direktor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, Wiesbaden Zu den Bildern der Veranstaltung
In seinem Vortrag über die demografische Entwicklung in Deutschland und Europa geht Prof. Schneider davon aus, dass der demografische Wandel in den kommenden Jahren weiter an Dynamik gewinnen und Größe, Struktur sowie regionale Verteilung der Bevölkerung erheblich verändern wird. Die Prozesse des demografischen Wandels, die regional weiterhin sehr unterschiedlich verlaufen werden, tangieren Grundfesten unserer Gesellschaft und stellen Politik und Zivilgesellschaft vor enorme Herausforderungen. |
Warum wächst die Weltbevölkerung? Herausforderungen und Chancen des globalen demografischen Wandels
05.12.2013 – 18.00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Thomas Büttner
ehemaliger stellvertretender Direktor der Bevölkerungsabteilung und Leiter des Bereichs Bevölkerungsstudien der Vereinten Nationen
Prof. Büttner wird in seinem Vortrag die Haupttrends der globalen Bevölkerungsentwicklung darstellen. Er wird hierbei zeigen, dass der historische Übergang von hoher zu niedriger Sterblichkeit und Fruchtbarkeit (demografische Transition) im Regelfall einen deutlichen Wachstumsimpuls hervorbringt, der zunächst in den Industrieländern auftrat und heute in den meisten Entwicklungsländern zu beobachten ist. Dem deutlichen Bevölkerungswachstum insbesondere in Afrika stehen gegenwärtig viele Industrieländer gegenüber, deren Bevölkerung stagniert oder zurückgeht und deutlich altert. Als Folge ist die demografische Lebenswirklichkeit auf der Welt heute extrem unterschiedlich. Die Politik – national und international – muss daher passgenau reagieren. Trotz der Herausforderungen durch Bevölkerungswachstum einerseits und zunehmender Alterung von Bevölkerungen andererseits, ergeben sich auch Möglichkeiten und Chancen, die demographischen Veränderungen produktiv zu nutzen. Die Schaffung von angemessenen Rahmenbedingungen (z. B. bei der internationalen Migration), die Gewährleistung von Bildung und die Schaffung von angemessenen Arbeitsplätzen können demografische Herausforderungen umwandeln in Fortschritt. |
Gegenläufige Städteentwicklungen: Megacities vs. Shrinking Cities
12.12.2013 – 18.00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Karina M. Pallagst
Fachbereich Raum- und Umweltplanung, TU Kaiserslautern Zu den Bildern der Veranstaltung
Ein von der international vergleichenden Forschung mitunter unterrepräsentiertes Feld der Forschung behandelt die unterschiedlichen Auswirkungen des demografischen Wandels auf verschiedene Regionen. Wie unterscheidet sich der Einfluss des Wandels in städtischen und ländlichen Regionen und mit welchen Problemen haben Städte und Land in Bezug auf veränderte Siedlungsstrukturen zu kämpfen? Auf globaler Ebene stehen sich zwei konträre Phänomene in Bezug auf eine erschwerte Stadtplanung gegenüber: zum einen „Shrinking Cities“, Städte, die auf Grund von wirtschaftlichen Transformationsprozessen immer dünner besiedelt werden und zum andern „Megacities“, deren Bevölkerungskonzentration stetig steigt. Beide Phänomene stellen die Stadtplanung vor erhebliche Probleme in Bezug auf Infrastruktur, Wohnraumplanung und vor allem soziale Belange. Welche Erkenntnisse können aus diesen konträren Entwicklungen gewonnen werden und welche Erfahrungen lassen sich auf eine moderne Stadtquartier-Politik übertragen?
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Zeitenwende auf dem Arbeitsmarkt: Zwischen Chancen und Risiken
09.01.2014 – 18.00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Dr. Ulrich Walwei
Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg Zu den Bildern der Veranstaltung Beflügelt durch die Arbeitsmarktreformen hat sich die Beschäftigungslage in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennoch ist eine Fortsetzung des Aufwärtstrends zukünftig kein Selbstläufer. Aktuell bestehen drei Herausforderungen. Erstens hat sich der Abbau der Arbeitslosigkeit zuletzt deutlich verlangsamt, worin sich Verfestigungstendenzen offenbaren. Zweitens wird die Qualität der Erwerbstätigkeit heterogener. Problematisch ist dabei vor allem die Herausbildung instabiler sowie nicht oder nur bedingt Existenz sichernder Erwerbsbiografien. Drittens bestehen Risiken in Folge des demografischen Wandels. Der zukünftig zu erwartende Rückgang der Zahl verfügbarer Arbeitskräfte kann das Wirtschaftswachstum bremsen, die langfristige Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme gefährden und Fachkräfteengpässe herbeiführen. |
Migration und Integration in Zeiten des demografischen Wandels
16.01.2014 – 18.00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Prof. Dr. Annette Treibel-Illian
Leiterin der Abteilung Soziologie, Pädagogische Hochschule Karlsruhe und Sprecherin der Sektion „Migration und ethnische Minderheiten“ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie Zu den Bildern der Veranstaltung Wie ist Deutschland zu einem – wenn auch widerspenstigen – Einwanderungsland geworden? Welche Beziehungsgeschichten kann man aus soziologischer Sicht über Einheimische und Eingewanderte erzählen? Welche Erfolge kann Deutschland verbuchen – und wo klemmt es noch? Ist Integration nicht vor allem ein Thema der Einheimischen, die sich noch schwer tun, sich in die neue Gesellschaft, die eine Einwanderungsgesellschaft geworden ist, zu integrieren? Es geht um ‚alte‘ und ‚neue‘ Deutsche, um die Rolle der Sprache, wechselseitige Wahrnehmungsmuster, die Geschwindigkeit der demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen und um die Frage der Machtverhältnisse. Abschließend werden Empfehlungen für einen selbstreflexiven, selbstbewussten, streitbaren und humorvollen Umgang mit dem Thema Migration und Integration zur Diskussion gestellt.
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Podiumsdiskussion: Generationengerechtigkeit und demografischer Wandel: ein Blick in die Zukunft
23.01.2014 – 18.00 Uhr, NTI-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 30.10, Engesserstr. 5, EG
Unsere Gesellschaft wird immer älter, die Jungen sind in der Unterzahl. Doch welche Auswirkung hat diese Verschiebung zu Gunsten der Entscheidungsmacht der Älteren? Welche Konflikte kommen auf uns zu, wenn die Chancen für die Generationen ungerecht verteilt sind? Werden die Generationen Wege finden, Problembereiche wie Umweltschutz, Staatsverschuldung und Rentenpolitik gemeinsam in den Griff zu bekommen? Zum Abschluss des Colloquium Fundamentale "Demografischen Wandel" wird über Probleme und Chancen der veränderten Altersstruktur diskutiert.
Zu den Bildern der Veranstaltung
Prof. Dr. Dr. Jörg Tremmel
Juniorprofessor für Generationengerechte Politik, Universität Tübingen
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Dr. Daniel Schraad-Tischler
Auftraggeber der OECD-Vergleichsstudie zur Generationengerechtigkeit, Bertelsmann Stiftung
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Prof. Dr. Caroline Kramer
Professorin für Humangeographie, KIT |
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